Aufmerksame Beobachter werden sich darüber gewahr sein, dass offiziellen Daten seitens Chinas Staatsführung schon lange kein Vertrauen mehr entgegengebracht werden kann. Was Kritiker als Gegenantwort bezüglich solcher Vorwürfe aus Peking für Gewöhnlich erhalten, sind wilde Leugnungen und der wiederholte Vorwurf, was für gemeine Rassisten wir doch seien.

Wie könnte / sollte es aus Sicht einer Staatsführung, die ihr eigenes Land und dessen Bevölkerung mittels eines ausgeklügelten Sozialüberwachungssystems unterjocht, auch anders sein? Fehler machen immer die anderen, das eigene Verhalten wird niemals in Frage gestellt.

Doch eine gewisse Vorsicht, Bewusstheit und Aufmerksamkeit ist geboten, um uns darüber ins Bild zu setzen, dass wir uns im Westen auf einem Weg befinden, der einem totalitären System ebenfalls Tür und Tor zu öffnen droht.

Arbeitslosigkeit könnte in China bei über 20% liegen

Kommen wir zum Wesentlichen meines heutigen Berichts. Eine chinesische Brokerfirma scheint waghalsig genug gewesen zu sein, um dem Rest der Welt mittels eines eigenen Berichts die Wahrheit über den aktuellen Zustand an den chinesischen Arbeitsmärkten samt einer miserablen Wirtschaftssituation zu enthüllen.

Laut diesem am Montag publizierten Analystenberichts des Brokerhauses Zhongtai Securities, habe die aktuell zu beobachtende Beschäftigungslosigkeit in Festlandchina die Marke von 20 Prozent überschritten.

Laut offiziellen Daten ist die heimische Arbeitslosigkeit im Zuge der Coronavirus-Pandemie zwar gestiegen, allerdings bei Weitem nicht so stark wie nun durch das Brokerhaus Zhongtai enthüllt und in Aussicht gestellt. Laut Zhongtai Securities hätten rund 70 Millionen Menschen im Reich der Mitte zuletzt ihren Arbeitsplatz verloren, was sich in eine Arbeitslosenquote in Höhe von 20,5 Prozent (!) übersetze.

Kleinunternehmen und Dienstleistungssektor am stärksten betroffen

Dieser massive Anstieg der Arbeitslosigkeit ließe sich unter Bezugnahme auf Bloomberg, dessen Redaktion den Bericht von Zhongtai Securities gesehen und inspiziert hat, auf die nachhaltigen Auswirkungen der Pandemie zurückführen, die insbesondere Kleinunternehmen und den Dienstleistungssektor per se massiv beeinträchtigt haben.

In dem inzwischen zurückgezogenen 11-seitigen Bericht von Zhongtai Securities hieß es zur aktuellen Lage in Festlandchina wie folgt:

„Die in urbanen Zentren des Landes zu beobachtende Arbeitslosigkeit ist augenscheinlich (statistisch) inkorrekt, weil es in China eine riesige Gruppe von Wanderarbeitern gibt. Die in urbanen Zentren des Landes angestellten Umfragen zur Beschäftigungslosigkeit sahen sich nicht dazu in der Lage, die vorherrschende Beschäftigungssituation unter Wanderarbeitern korrekt einzuschätzen.“

Rund 50 Millionen weniger Wanderarbeiter

Danach seien im ersten Quartal rund 50 Millionen weniger Wanderarbeiter im Vergleich mit derselben Vorjahresperiode beschäftigt gewesen. Wie ich bereits zuvor mutmaßte, möchte ich nicht wissen, wie viele dieser Arbeiter aus freien Stücken – trotz finanzieller Anreize seitens der Provinzregierungen – momentan nicht wieder an ihren Arbeitsplatz zurückkehren wollen!

Auf eben jenen Aspekt hatte die Pekinger Staatsführung über den Verlauf der letzten Wochen allerdings größten Wert gelegt, was heißt: Den Eindruck einer zurückkehrenden „Normalität“ im Bereich der Kleinunternehmen unter ausländischen Beobachtern zu wecken.

Es passiert gewiss nur sehr selten, dass sich Ökonomen und Analysten in China trauen, die offiziell durch die Regierungsbehörden ausgewiesene Arbeitslosenquote im Land so offen in Frage zu stellen beziehungsweise zu kritisieren. Denn dieses Thema gehört aus Sicht der KP Chinas zu den sensibelsten überhaupt.

Und so begab es sich, dass der Bericht von Zhongtai Securities dann auch ganz schnell auf einmal unzugänglich gewesen ist. Dies galt insbesondere für die sozialen Medien. Einer der Autoren des Berichts namens Zhang Chen erklärte telefonisch auf Anfrage, dass der Bericht durch Zhongtai Securities zurückgezogen worden sei.

Starke Rückgänge bei Gewinnen chinesischer Industrieunternehmen

Wie dem auch sei, interessant lesen sich jüngste Daten zum Einbruch der Gewinne in Chinas Industrieunternehmenssektor. Danach sind die Gewinne unter chinesischen Industriefirmen im ersten Quartal im Jahresvergleich um 36,7 Prozent auf 781,45 Milliarden Yuan rückläufig gewesen, nachdem die Daten für die Periode Januar auf Februar auf einen Einbruch von 38,3 Prozent hindeuteten.

So sind die Gewinne unter Industriebetrieben in Staatseigentum um 45,5 Prozent gesunken, während sich der private Industriesektor im Angesicht eines Rückgangs von 29,5 Prozent noch um einiges besser halten konnte.

 

 

Unter insgesamt 41 befragten Industriesektoren sanken die Gewinne in 39 Bereichen, darunter auch in der heimischen Ölindustrie. Nun möchte sich wohl niemand so richtig vorstellen, wie die Gewinnlage unter Chinas Raffinerien & Co. im Angesicht der massiven Ölpreiseinbrüche in den letzten Wochen erst aussehen mag. Unter anderen wichtigen Sektoren sah es in Q1 wie folgt aus:

  • Kohleproduktion (-187,9%)
  • Metallprodukte sowie Maschinen- und Ausrüstungsherstellung (-84,3%)
  • Fahrzeugproduktion (-80,2%)
  • Chemieproduktion und andere chemische Erzeugnisse (-56,5%)
  • Eisenabbau (-47,8%)
  • Verhüttung von Nicht-Eisenmetallen (-55,7%)
  • Allgemeine Ausrüstungsgüter (-39,9%)
  • Textilproduktion (-38,8%)
  • Gummiherstellung und Plastikerzeugnisse (-30,9%)
  • Lebensmittelproduktion (-27,4%)
  • Produktion von pharmazeutischen Produkten (-15,7%)

Allein im Monat März sanken die Industrieprofite in China im Jahresvergleich laut Trading Economics um 34,9 Prozent auf 370,66 Milliarden Yuan.

Kehren wir zurück zum eigentlichen Problem: Falls sich die Zahlen des Brokerhauses Zhongtai Securities als korrekt erweisen sollten, so lügt die Pekinger Staatsführung nicht nur in Bezug auf den wahren Ursprung des Coronavirus und der im Land zu beklagenden Opfer, sondern sie lügt auch im Hinblick auf die massiven Auswirkungen, welche die Pandemie in Festlandchina zur Folge haben.

Um das allgemeine Vertrauen in die Wirtschaftskraft Chinas aufrechtzuerhalten, würde in diesem Fall ein Bild durch die Pekinger Staatsführung gezeichnet, das mit einer weit geringeren Beschäftigungslosigkeit einherginge als es real tatsächlich der Fall zu sein scheint.

„Was heißt das konkret für mich?!“

Laut offiziellen Daten lag die Arbeitslosigkeit im März bei gerade einmal 5,9 Prozent – und somit bereits wieder unterhalb der rekordhohen Marke von 6,2 Prozent, die in den Monaten Januar und Februar erreicht wurde.

Es scheint kein Zweifel daran zu bestehen, dass diese Daten ebenso durch Chinas Nationales Statistikbüro fabriziert werden, wie dies auch für nahezu alle anderen Daten gilt, die seitens des Landes offiziell übermittelt werden. Aus diesem Grund sind die Zahlen aus China weiterhin mit Skepsis zu betrachten.

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